Sicherheit im Chemie-Unterricht

Didaktische Reduktion
"Sicher - Sachgerecht"

  1. Zusammenfassung  
  2. Aufgabe der Chemie
  3. Analyse des Risikos
  4. Warnung von Gefahrensituationen
  5. Definition "Risiko"
  6. Verhalten gegenüber gefährlichen Stoffen
  7. Analyse der Risikobereitschaft
  8. Gleichgewichte für die Schulchemie
  9. Literatur

 

1 Zusammenfassung

Das Seminar hat das Thema, den sicheren und sachgerechten Umgang mit Gefahrstoffen zu lehren. 

Leben ist in jeder Phase mit dem Risiko von Verletzung bis hin zum unnatürlichen Tod verbunden. Es werden Maßnahmen zur Verringerung des Risikos erörtert. Das beginnt mit einer Analyse der Risiken und der Möglichkeiten diesen zu begegnen.

Dabei zeigt sich, dass das Risiko des einzelnen Menschen in verschiedenen Lebensphasen grundsätzlich unterschiedlich ist. Ebenso durchläuft die Risikobereitschaft verschiedene Phasen, die wiederum vom Gefahrenbewusstsein abhängig sind.

Was für das Individuum gilt, ist in ähnlicher Weise auch für die menschliche Gesellschaft als Ganzes festzustellen: Auf einer Phase der nahezu ungehemmten Nutzung naturwissenschaftlicher und technischer Möglichkeiten folgt eine Phase der Besinnung auf das Verantwortbare. Es hat den Anschein, dass die Menschheit sich in der Chemie (Stoffverbrauch, Chemikalieneinsatz) in der Phase der Beschränkung befindet.

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2 Aufgabe der Chemie

Die Nutzung von Naturwissenschaften und Technik dient der Optimierung der Lebensumstände des Menschen und sind unverzichtbar. 

 

Durch die wissenschaftliche Arbeit hat die Umfang und Qualität der Erkenntnisse extrem zugenommen. Durch den bedingungslosen Einsatz sind die Gefahren beim Einsatz von Chemie augenfällig geworden und haben zu einer negativen Einstellung in der Bevölkerung zur chemischen Industrie geführt, wobei außer Acht gelassen wird, das wir Menschen in den gemäßigten Breiten der Erde biologisch nicht lebensfähig wären, wenn wir auf die elementarsten technischen Errungenschaften verzichten müssten. (Feuer als Heizung, Konservierungsmethoden für die Vorratshaltung, Werkstoffe Ton und Metalle, Kleidung usw. ).

Niemand kann alle Vor- und Nachteile der Anwendung von Chemie kennen, geschweige denn sachlich richtig einordnen und bewerten. Daher ist es besonders wichtig, ein von Grund auf richtiges Verhalten an den Tag zu legen.  Diese Unsicherheit bedingt ein Risiko.

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3 Definition "Gefahr" und "Risiko"

Die natürliche Entwicklung in der Natur beinhaltet Entstehen und Vergehen, es ist die bloße Reaktion der Natur auf sich ändernde Umweltbedingungen. Das gilt in kosmischen Dimensionen ebenso für den Bereich von Leben. 

Für den Fortbestand einer Art stellt das Vergehen eines Individuums keine Gefahr dar.  Für den Fortbestand und Entwicklung einer Art müssen nur die Entwicklungszyklen von genügend vielen Individuen abgeschlossen sein, damit der Fortbestand der Art gewährleistet ist. Gefahr besteht nur aus Blickwinkel eines Individuums und besteht darin, seinen eigenen Entwicklungszyklus nicht unbeschadet abzuschließen zu können.  Andererseits erzwingen veränderte Lebensbedingungen eine fortwährende Anpassung der Individuen. Somit ist ein Individuum immer dem Risiko ausgesetzt, einem Anpassungsprozess nicht gewachsen zu sein. 

Für jedes lebende Individuum gilt:

Leben schließt Risiko mit ein.
Risiko ist das Produkt 
aus Gefährdung und Eintrittswahrscheinlichkeit. 

Der Unterricht hat demzufolge auch die Aufgabe, Informationen bereitzustellen, wie mit Gefährdungen umgegangen werden kann, damit dem Individuum und der ganzen Art kein Schaden  entsteht. Zielsetzung ist die Anhebung des Informationsstandes bei gleichzeitiger Schärfung des Bewusstseinsstandes für das Risiko des Individuums. 

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4 Analyse des Risikos

Jeder Mensch muss sich Zeit seines Lebens mit gefährlichen Situationen auseinandersetzen. Dadurch unterscheidet er sich nicht von Tieren. Ihm, wie den Tieren, sind daher von Natur aus  bestimmte Verhaltensmuster angeboren, die er instinktmäßig abrufen kann, sollten er entsprechende Ereignisse eintreten. Das gilt für jedes Lebensalter, vor allem für Kinder, die anfangs der Sprache nicht mächtig sind, dennoch aber Informationen aus der Umwelt aufnehmen und zum eigenen Wohlergehen umsetzen können müssen. Mir zunehmendem Heranwachsen wird das Wissen durch eigene Erfahrung wie Kommunikation mit "Erfahrenen" ergänzt und erweitert.

In einer Folienserie zur "Sicherheit in der Chemischen Industrie" findet sich ein Beispiel, das das gleichbleibende Prinzip im sicheren Umgang mit Gefahren verdeutlicht:

Ein Beschäftigter bei der Umsetzung des Sicherheitsprinzips:
"Körperliche Abwesenheit ist besser als Geistesgegenwart"

Gasulla-Schlucht
öffnet den Wochenplan Gasulla- Schlucht

Diese Erkenntnis ist auf die technische Chemie übertragbar. 

Das "Jagdgebiet der Chemie" ist die "Domestizierung von Stoffen". Stoffe bleiben von Natur aus unverändert (anorganisch) oder werden in Stoffkreisläufen verändert (organisch-biologisch). Macht der Mensch Jagd auf sie um sie zu verändern, muss er die Existenzbedingungen ändern. Seine "Jagdwaffen" sind Druck und Volumenänderung, Änderung der Umgebungstemperatur und Änderung der Verteilung  oder Kontakt mit anderen Stoffen.  

Um eine Reaktion zweier Stoffe hingegen wirksamst zu vermeiden, muss man sie getrennt aufbewahren: "Körperliche Abwesenheit ist besser als Geistesgegenwart". 

Realisiert wird diese Erfahrung z.B. in dem sogenannten "Zusammenlagerungsverbot" für die sichere Lagerung von Chemikalien. Auch für die Konstruktion von chemischen Apparaturen gilt:

Zwischen Reaktionsräumen stark unterschiedlichen Reaktionsverhalten oder Reaktionsbedingungen muss es einem Pufferbereich geben.

Denn für die Chemie gilt immer noch der Grundsatz: 

Stoffe können nur miteinander reagieren, wenn sie sich berühren.

 

5 Warnung von Gefahrensituationen

Anders als bei Tieren stehen dem Menschen ausgefeilte Techniken der Kommunikation in Form von Sprache, die es ihm ermöglichen, Informationen als Warnung über gefährliche Situationen zu verbreiten, ohne das konkrete Gefährdung vorliegen müssen. Durch die Kommunikationsmöglichkeit durch Schrift und Bildes  wurde die zeitliche und teilweise auch die räumliche Beschränkung der Übermittlung von Informationen aufgehoben. 

Mit der Verbreitung von Drucktechniken wurde im Wesentlichen die Verbreitung von Informationen gesteigert.  

Mit der Einführung der Telekommunikation bis hin zu den "Neuen Informationstechnologien" werden räumliche und zeitlichen Begrenzung der Informationsverfügbarkeit aufgehoben. 

Mit der Einführung des Internet,  beginnt sich ein "neuronales Netz" von Informationsspeichern aufzubauen, das ähnlich dem Gehirn eines Individuums, zunächst ungeordnet, Informationen enthält. Wir stehen am Beginn der Nutzung dieser Technologien, wobei zunächst der interaktive und der wechselseitige Informationsfluss noch wenig ausgeprägt sind. - Das Seminar soll einen Beitrag zur Entwicklung der Nutzung der "Neuen Technologien" leisten, in dem diese Techniken der Informationsverbreitung für das Lernen angeboten wird.

Die Fortschritte in der Informationstechnologie bewirkt Verschiedenes. Heutzutage kann praktisch jeder Unfall bekannt werden, falls er in das öffentlichen Blickfeld gerät. Und für Unfälle aus dem Bereich der Technik besteht großes öffentliches Interesse, zumal diese wegen der in der Regel erheblichen Auswirkungen viele Menschen und ganze Lebensräume betreffen. Es entsteht ein Horrorszenario von Meldungen, wie es täglich in den Weltnachrichten des Fernsehens bis hinunter in die Unfallberichte der Ortsteil-Zeitungen zu finden ist. 

Eine notwendige Folge von Unfällen ist, dass Maßnahmen ergriffen werden, um diese gefährlichen Situationen zu vermeiden, was durch die öffentliche Aufmerksamkeit gefördert wird. 

Die weite Verbreitung von Informationen führt aber ebenso zu Ängsten in der Bevölkerung. Der Boden für Ängste wird durch Unkenntnis mit der Unfallsituation verschärft.  Besonders gravierend für die Ausbildung von Ängsten sind die teilweise von den Verantwortlichen aus naheliegenden Gründen verschleppende, oftmals gefilterte, mitunter gar mit Halbwahrheiten gespickte Herausgabe von Information. Man erreicht damit das Gegenteil dessen, was man bewirken will: Beruhigung statt Aufregung. Zeitweilig kann das dann bis zur Hysterie ausarten, wenn man beispielweise die Reaktionen auf "Aids", "Kampfhunde", "Maul- und Klauenseuche", "BSE". - Eine Karikatur aus dem Bereich der Chemie findet sich ebenfalls in der Folienserie zur "Sicherheit in der Chemischen Industrie":

"Ein Hauptsicherheitsingenieur bei der Bewältigung von Sicherheitsproblemen beim Reiten."

öffnet den Wochenplan Sicherheitsingenieur zu Pferde
öffnet den Wochenplan Sicherheitsingenieur

Dabei soll natürlich nicht von einen zuvor vorhandenen Fehlverhalten des Einzelnen und der Gesellschaft abgelenkt werden. - Die gesellschaftliche Ausprägung der Vorsichtsmaßnahmen sind Gesetze, Verordnungen und Richtlinien, die es zu beachten gilt. Dabei muss bewusst bleiben, dass es nicht der "Staat" ist, der die Sicherheit der Bürger gewährleisten kann. Es wird von jedem Individuum erwartet, dass es sein Leben nach seinem Kenntnisstand gestaltet und im Falle von Gefahr für sein und die von ihm abhängigen Personen zu sorgen hat. 

Zweck der Warnung vor Gefahren ist eine Verbesserung des Kenntnisstandes, der die Vermeidung der Gefährdung zu Folge hat. Mit der hemmungslosen Verbreitung von Information ist es demnach nicht getan, es muss sich eine verantwortbare Bewertung der Gefahrenmomente anschließen. Hierin besteht die Aufgabe der allgemeinbildenden Schule.

 

6 Verhalten gegenüber gefährlichen Stoffen

Die Schwierigkeiten bestehen darin, dass sich die Risikobereitschaft des Individuums mit seinem Lebensalter ändert (s.u.). Außerdem sind noch längst nicht alle Gefahren bekannt, die von Stoffen und besonders von Chemikalien ausgehen. Deshalb muss vorbeugend ein Gerüst zur Bewertung von Risiken jeder Art errichtet werden, auch für Gefahren, die noch nicht bekannt sind. Blindes Vertrauen auf Gesetze und Bestimmungen schaden nur und führen zu Schuldverschiebung bei Unfällen an die, die die Gesetze zu erlassen gehabt hätten oder sie trotz Bestehens aus Unkenntnis nicht eingehalten haben.

Ein vorbeugendes Gerüst zur Bewertung von Risiken ist schon deshalb notwendig, weil die Gesetze wie zum Beispiel das Chemikaliengesetz, laufend an die neuen Erkenntnisse, aber auch an politische Bedürfnisse wie das EG-Recht angepasst werden müssen. Außerdem haben Gesetze es nun einmal an sich, eine Reaktion des Staates, auf bereits eingetretene Ereignisse zu sein. Sind sie jedoch vorausschauend erlassen, können sie wirkliche Gefahren nur genauso unzureichend abwehren wie es Menschen möglich ist. 

 

7 Analyse der Risikobereitschaft

Betrachtet man den Kenntnisstand und die Risikobereitschaft eines durchschnittlichen Menschen über sein Lebensalter hinweg, so durchläuft sein Bestreben, etwas (für ihn) neuartiges auszuprobieren ein Maximum, das man sich als Produkt seines Kenntnisstandes und seine Risikobewusstseins gebildet vorstellen kann. Selbstverständlich unterscheiden sich die Menschen voneinander in der Ausprägung der Merkmale, daher sind die Ordinaten nicht skaliert!

Für Sie in Ihrem Lebensabschnitt, die Sie um 25 Jahre alt sind, ergibt sich für Ihre Drang etwas Neues zu unternehmen, ein Maximum. - Die Weisheit des Alter besteht so gesehen, in ein Produkt aus dem Maximum an Kenntnissen mit einem Minimum an Risikobereitschaft: Man ist nicht (mehr) gewillt, alles tun zu wollen, was man machen könnte.

 

Analyse der Lehrerrolle

In der Rolle des "Lehrers" tragen Sie besondere Verantwortung, weil Sie in Ihrer Eigenschaft als Erwachsener stellvertretend für die Gesellschaft erziehen. 

Eine der zusätzlichen Schwierigkeiten in der  Bewältigung zweier Anachronismen:

 

vorauseilend:

zurückbleibend:

 

8 Gleichgewichte für die Schulchemie

Schülerinnen und Schüler lernen zu Anfang, dass es natürliche Gleichgewichte gibt. Man kann sie kaum erkennen, weil keine Veränderungen bemerkbar sind. Dieses Gleichgewicht kann am Beispiel des Kochsalz in der Natur beschrieben werden. Es findet sich im Meerwasser in Kontakt mit dem Sand, im Blut des Menschen und im den Pflanzensäften, ohne dass sich diese Stoffgemische chemisch verändern. Erst eine Veränderung des Gleichgewichts von Kochsalz in der Natur führt zu bemerkbaren Reaktionen: der Durst (Wassermangel) oder Muskelkrämpfe (Salzmangel) beim Menschen. Ebenso sind die Lebensbereiche von Fischen in Süßwasser und Salzwasser getrennt. Gleiches gilt auch für die Vegetation, deutlich im Küstenbereich. Hier sind es einfache Konzentrationsveränderungen, die als Störung des natürlichen Gleichgewichts auftreten.

Schülerinnen und Schüler lernen, dass zu Veränderung eines chemischen Gleichgewichts die Änderung der Existenzbedingungen von außen nötig ist, beispielsweise durch Erhitzen. Die Stoffe passen sich durch die chemische Reaktion den äußeren Bedingungen an, so dass dann keine weiteren Reaktionen erkennbar sind (Gesetz von Le Chatelier). Beim Erhitzen von Salzen wie zum Beispiel dem Calciumcarbonat (Kalk, Marmor) entstehen die beiden chemischen Säure-Basen-Gegenspieler Kohlenstoffdioxid und Calciumoxid. Deutlich wird das gegensätzliche Verhalten der beiden Stoffe, wenn sie in Wasser gelöst werden. Es entsteht aus Kohlenstoffdioxid mit Wasser Kohlensäure, mit Calciumoxid und Wasser Calciumhydroxid, Kalklauge. Ein Säure-Basen-Indikator zeigt, dass sich diese beiden Stoffe auch wieder neutralisieren und die zugeführten Wärme wieder abgeben, wenn sie zusammenkommen.

Man beobachtet aber auch chemische Reaktionen, wenn Stoffe miteinander in Kontakt kommen, die offensichtlich keine Gegenspieler sind, wie zum Beispiel die Reaktion von Natriumchlorid mit Schwefelsäure (Salzsäurespringbrunnen). 

Die Gleichgewichtseinstellung in der Natur wird wiedergegeben in dem Satz von Le Chatelier. Die Reaktion der Dimerisierung von Stickstoffdioxid kann als augenfälliges Beispiel dienen.

In diesem Seminar soll an Beispielen gezeigt werden, dass es in der Naturwissenschaft Chemie Lösungsansätze gibt, den verantwortlichen Umgang mit Naturwissenschaft und Technik Umgang zu erlernen, zu vermitteln und zu beherzigen.

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"© 1997-2008 HMTC - Halbmikrotechnik Chemie GmbH; didaktik.htm 07.10.2008 
Klaus-G. Häusler