Maria die Jüdin war die bedeutendste Alchimistin der Antike. Sie lebte in Alexandria, einer ägyptischen Stadt, die damals zum Römischen Reich gehörte. Durch ihre praktischen und theoretischen Arbeiten legte sie einen Grundstein für die moderne Chemie.
In die ägyptische Alchimie wurden auch Techniken und Rezepte babylonischer Frauen zur Herstellung von Kosmetika übernommen. Dieses Wissen war in Handwerkstradition von Frau zu Frau weitergegeben worden, weshalb alchimistische Arbeiten manchmal auch als 'opus mulierum' (Frauenwerk) bezeichnet wurden. Ziel der Alchimistinnen war vor allem, durch Stoffumwandlung Gold und Silber aus unedlen Metallen herzustellen. Alchimie wurde als Geheimwissenschaft betrieben. Um ihre Ergebnisse vor anderen zu verbergen und ihr Ansehen zu steigern, schrieben sie ihre Texte sehr phantasie- und geheimnisvoll und verwendeten viele Symbole aus Magie, Astrologie, Philosophie und verschiedenen Religionen. Es ist daher sehr schwierig, aus den Texten der AlchimistInnen Fakten zu extrahieren. Aus den gleichen Gründen gaben sie sich unterschiedliche Namen, die zum Teil biblischen Ursprungs waren. Maria die Jüdin schrieb auch unter dem Namen der Prophetin Mirjam, der Schwester des Moses. Zu ihrem Leben gibt es kaum biographische Angaben. Trotzdem steht ihre Existenz zweifelsfrei fest, da Fragmente ihrer Abhandlungen existieren, - darunter eines mit dem Titel 'Maria Practica', und andere sie häufig zitierten.
Bis in die Gegenwart hinein wirken ihre Erfindungen auf dem Gebiet der Labortechnik. Sie entwickelte verschiedene Apparaturen zum Destillieren und Sublimieren. Das Wasserbad (oder 'balneum mariae'), ein doppelwandiges Gefäß zur langsamen und gleichmäßigen Erwärmung von Substanzen, ist heute noch in Gebrauch. In Frankreich gibt es diese Doppelwandtöpfe unter der Bezeichnung 'bain-marie'. Als weitere Destillationsmethoden wurden von ihr das Sandbad und das Ölbad beschrieben.
Außerdem erfand sie die erste Destillationsapparatur, den 'tribikos', der aus Tongefäßen und Kupferröhren bestand. Das Tongefäß enthielt die zu destillierende Flüssigkeit. Darüber befand sich ein zweites mit drei Kupferausgängen, durch die das Kondensat entweichen und dann in Glasflaschen aufgefangen werden konnte. Zum Verbinden und Abdichten der Apparatur empfahl sie eine spezielle Teigmasse und zum Kühlen des oberen Teils kalte Schwämme. ihre bedeutendste Erfindung war eine Rückflussapparatur, der 'kerotakis', zur Sublimation von Stoffen. Bei ihren Experimenten setzte sie verschiedene Metalle in ihrer Rückflussapparatur den ständigen Dämpfen von
Arsen, Quecksilber und Schwefel aus. Dabei bildeten sich auch schwarze Sulfide, die im Englischen heute noch "Mary´s Black" (Schwarz der Maria) genannt werden.
In der Geschichtsschreibung der Naturwissenschaften werden Marias Entdeckungen und die anderer berühmter Alchimistinnen wie Kleopatra und Paphnutia meist Zosimos aus Panopolis zugeschrieben, der erst im 4. Jahrhundert Chr. in Alexandria lebte. Dieser sammelte ältere Schriften und war Mitautor der 'Cheirokmeta', einer vielbändigen Enzyklopädie über Alchimie.
Maria ist eine der wenigen WissenschaftlerInnen der Antike, die versuchten, ihre praktischen Versuche in einem theoretischen Rahmen zu interpretieren. Mit ihren Arbeiten erreichte die antike Alchimie einen Höhepunkt, bald jedoch auch ihr Ende; unter dem römischen Kaiser Diokletian wurden die AlchimistInnen Alexandrias verfolgt und ihre Schriften verbrannt.
Literatur und Bearbeitung | |
Autor (Text): |
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Quelle: | Lit:(1) S. 15 |
Literatur: |
(1) Heymann, Dagmar; Moser, Angelika; Sandner,
Agnes: Bedeutende Naturwissenschaftlerinnen. © FIT Frauen in der Technik e.V.,
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