Bedeutende Naturwissenschaftlerinnen

Agnes Pockels


BM BWFT

Agnes Pockels (1862 - 1935)

Agnes Pockels war im wortwörtlichen Sinn eine 'Küchentischforscherin'. Sie besuchte die städtische höhere Mädchenschule in Braunschweig und interessierte sich schon früh für die Physik, obwohl die Mädchenerziehung nur wenig naturwissenschaftliche Bildung bot. Gern hätte sie studiert, was aber damals für Frauen nicht ohne weiteres möglich war. Als sich später Frauen an der Universität immatrikulieren konnten, war ihr dieser Weg versperrt, weil sie lange Jahre ihren kranken Vater pflegen musste.

Sie lernte autodidaktisch und führte in der eigenen Küche ihre Experimente zur Oberflächenchemie durch. Es ist durchaus möglich, dass sie ihre ersten Beobachtungen beim täglichen Abwasch machte und auf diese Weise ihr Forschungsgebiet fand - die Auswirkungen der Verunreinigung von Wasseroberflächen auf die Oberflächenspannung. In den folgenden Jahren forschte Agnes Pockels in diesem Bereich und entwickelte eine Vorrichtung, den sogenannten Pockelschen Trog, um reine Wasseroberflächen herstellen und die Änderungen der Oberflächenspannung schnell und genau messen zu können.

Aufgrund ihrer Isolation hatte sie zunächst keine Möglichkeit, ihre Befunde zu veröffentlichen. 1890 stieß sie auf einen Bericht des englischen Physikers Lord Rayleigh über ähnliche Versuche und Berechnungen, die sich mit den ihren deckten. Sie schrieb ihm einen Brief, in dem sie ihre Versuchsanordnung und ihre Ergebnisse erläuterte. Es kann als Glücksfall angesehen werden, dass Lord Rayleigh Agnes Pockels Arbeiten anerkannte und sich persönlich dafür einsetzte, dass sie 1891 in der renommierten Wissenschaftszeitschrift 'Nature' veröffentlichen konnte. Mit ihren Arbeiten legte sie die Grundlage für die quantitative Erforschung von Oberflächenfilmen.

Nach diesem Durchbruch folgten weitere Veröffentlichungen in 'Nature', und sogar in Deutschland wurde man auf sie aufmerksam. Sie führte ihre Forschungen fort und veröffentlichte zwischen 1898 und 1902 in der 'Naturwissenschaftlichen Rundschau' und den 'Annalen der Physik'.

Trotz aller Hindernisse - Krankheit und Tod der Eltern, Tod des Bruders, Kriegs- und Nachkriegszeit - schrieb Agnes Pockels weiterhin. Zunehmend waren ihre Arbeiten theoretischer oder sogar philosophischer Art. Spät in ihrem Leben erhielt sie die ihr gebührende wissenschaftliche Anerkennung. Die Technische Hochschule Braunschweig verlieh ihr 1932 die Würde eines 'Doktor-Ingenieurs Ehren halber', und die Kolloid-Gesellschaft sprach ihr den Laura Leonard-Preis zu. Sie war bekannt und anerkannt, als sie starb, und wurde in der einschlägigen Literatur selbstverständlich zitiert. Heute hingegen ist sie in keinem der biographischen Nachschlagewerke mehr zu finden. Lediglich in dem 1 990 erschienenen 'ABC - Geschichte der Chemie' wird sie erwähnt: 'Pockels, Agnes Luise Wilhelmine, Hausfrau'.

Literatur und Bearbeitung

Autor (Text):

Quelle: Lit:(1) S. 49

Literatur:

(1) Heymann, Dagmar; Moser, Angelika; Sandner, Agnes: Bedeutende Naturwissenschaftlerinnen. © FIT Frauen in der Technik e.V., Schloßgartenstraße 45, D-64 289 Darmstadt 

(2) Petra Mischnick: Agnes Pockels (1862-1935) in CHEMKON 2012, 19, Nr. 2 78-82;
http://www.agnespockelslabor.de

(3) Klaus Beneke: Agnes (Luise Wilhelmine)) Pockels, - (14.02.1862 Venedig - 21.11.1935 Braunschweig). -
Forschende Hausfrau; bedeutende Grundlagenforschungen auf dem Gebiet der Grenz- und
Oberflächenchemie (Langmuir-Pockels-Waage) http://www.uni-kiel.de/anorg/lagaly/group/klausSchiver/pockels.pdf (05.06.2012)

(in 1) Beisswanger 1991, Denz 1994

The Metropolitan State Collage of Denver: Agnes Pockels (englisch)

UCLA: Agnes Pockels (englisch)

Bearbeitung (www): Julia Häusler

© 1997 by jh-site; Julia Häusler; haeusler[at]muenster[dot]de; fit/pockels.htm_09.06.04